Psychologisch ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir uns unseren Ohnmachtsgefühlen dem Virus gegenüber nicht so ausgeliefert fühlen. Das Virus ist mit bloßen Auge nicht sichtbar. Wenn es uns erwischt, geschieht das unbemerkt. Wir haben kein Gegenüber, das wir bekämpfen können. Die Infektion passiert uns. Wir haben keine Kontrolle über die Situation und die Verbreitung des Virus – es unterwandert uns schleichend. Wir erleben einen weitgehenden Kontrollverlust. Niemand kann aus Erfahrung sagen, dass das, was wir gerade tun am Ende zum gewünschten Erfolg führen wird: Die Infektionsraten zu senken durch körperliche Distanz.
So ist es auch zu verstehen, dass an nebensächlichen Punkten der Versuch, die Situation doch noch zu kontrollieren, beispielsweise zu Hamster-Käufen führt: Wenigstens habe ich dann Kontrolle über meine Vorräte und muss nicht auch noch Mangel leiden an konkreten Dingen unseres täglichen Lebens wie Klopapier.
Wenn wir das als Symptom nehmen, zeigt es uns, dass wir Wege brauchen mit diesen Ohnmachtsgefühlen umzugehen: Sie gehören zu den am schwersten zu ertragenden Gefühlen. Lieber tue ich irgendetwas, auch wenn es zur Lösung des Problems nichts beiträgt, es u.U. sogar verschlimmert. Ohnmachtsgefühle führen oft zum Gegenteil: Macht auszuüben um jeden Preis. Das kann sich äußern in Gewalt, in Manipulation, in irrelevantem Verhalten.
Deshalb sind wir in dieser Situation gefragt, Menschen darin zu unterstützen, mit ihren Ohnmachtsgefühlen anders umzugehen. Sie sind Teil des Lebens! Weil wir nicht alles kontrollieren können, tauchen sie immer wieder auf. Wie kann ich sie zu akzeptieren lernen? Wie kann ich mein Augenmerk auf das richten, was sich sinnvoll auswirken kann? Wie kann ich innerlich so zur Ruhe kommen, dass ich die äußere Aktivität weniger brauche?
Körperliche Betätigung, Meditation, Austausch mit anderen, Lösungswege anderer anschauen, Singen … All das sind Tätigkeiten, die eine Wirkung nach innen haben und bei allen Ohnmachtsgefühlen mein Gleichgewicht wiederherstellen können.
Wir dürfen uns unserer Ohnmacht nicht ausliefern, auch wenn sie immer wieder auftaucht. In die Zeiten wie diesen ist es ja nur menschlich, wenn wir uns hilflos fühlen. Ich finde es gut, wenn wir Mittel nutzen, die uns davon wegbringen und auch in diesen Zeiten Freude und Lebenslust zulassen, auch wenn wir dabei momentan Einschränkungen unterliegen.