Stressphänomene im Coaching und Beratung


Coaching arbeitet regelmäßig im Bereich der Problemlösekompetenz und der Erweiterung von Handlungsalternativen. Es geht also prinzipiell um eine Arbeit mit Fokus auf der Handlungsebene. Manchmal aber, wenn Handlungsalternativen im Coaching-Prozess mittels Probehandeln und Probedenken vorbereitet werden, stößt der Klient auf starke Emotionen, die sich als störendes Gefühl oder Körperempfinden äußern. Es scheint also auf der Affektebene Blockaden zu geben, die mit der Vorstellung neuer Situationen zu tun haben. Diese Zustände werden in der Sitzung oft als Stress oder innerer Konflikt erlebt. Welche Wege der Stressbearbeitung bieten sich sonst an?

Verhaltenstraining oder Lösen innerer Blockaden?

Hier stellt sich regelmäßig die Frage, ob man auf der Handlungsebene nach Alternativen sucht, die weniger stressig erlebt werden, oder ob man der Stressreaktion auf den Grund geht und versucht, der vorgestellten Situation eine andere emotionale Qualität zu verleihen.

Aus meiner Erfahrung kann es sich hier empfehlen, am Stressauslöser dran zu bleiben, ohne in die Ursachenforschung (und eventuell in therapeutische Bereiche) zu gehen und aufdeckend arbeiten zu müssen.

Handwerkszeug für die Stressbearbeitung

Hier empfehle ich – unabhängig vom realen Stressauslöser der Klientin – ein kleines „Training“ zu starten, damit der Klient generell ein Handwerkszeug bekommt, um mit der Kopplung von schwierigen Bildern und stressigen Reaktionen umzugehen:

1.) die Klientin wird angehalten, sich in gedanklichen Bildern assoziiert zu sehen, d.h. dass sie aus ihren eigenen Augen schauend Bilder von sich selber erzeugen und wahrnehmen kann. Gerade bei schwierigen Vorstellungen sieht sich der Klient nämlich manchmal dissoziiert, d.h. dass er eine Helikopterposition auf sich selbst bezogen einnimmt.

2.) Der Klient wird eingeladen, ein Bild mit schwierigen Erinnerungen kommen zu lassen. In der Regel bildet sich parallel eine Körperwahrnehmung dazu. Die Klientin wird gebeten, assoziiert auf dieses Bild zu schauen und gleichzeitig bei der Körperwahrnehmung zu bleiben – in der Regel verschwindet die Körperwahrnehmung oder wandelt sich in eine bessere Qualität um, wenn der Klient bereit ist, mit der Aufmerksamkeit darauf zu bleiben. Das Motto ist also: hin zu, nicht weg von. 

3.) in der dritten Trainingseinheit wird die Klientin gebeten, ein schwieriges Bild in der Vorstellung kommen zu lassen, dieses Bild weiter anzuschauen und gleichsam die Aufmerksamkeit zu erweitern: das Bild, Gedanken dazu, Gefühle dazu, Körperempfinden dazu. Dies alles, ohne zu bewerten, sondern nur zu beobachten. Wenn der Klient hier etwas Übung hat, wird typischerweise der negative emotionale Wert dieses Bildes deutlich gedämpft – die Klientin kann die Situation bewältigen.

Grenzen und Möglichkeiten

Dieses kleine Trainingsprogramm hilft, in normal stressigen Situationen die negativen Gefühle und Stressmomente zu bearbeiten, ohne in die Ursachenforschung einzusteigen. Der Coach kann also hier arbeiten, ohne aufzudecken.

Im Zweifel und bei sehr starken emotionalen Reaktionen sollte der Couch und die Klientin natürlich zusätzlich auch über weitergehende Unterstützungen (zum Beispiel Trauma-Arbeit) sprechen.

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